Welche Rücklagen kann ein Verein bilden, wann ist dies erlaubt und bis zu welcher Höhe ist dies möglich?
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Gemeinnützige Vereine sind dazu angehalten, Gewinne und Spenden bis zum Ende des übernächsten Jahres auszugeben, welches auf den Eingang des Geldes folgt. Rechtlich verbindlich ist hier der § 55 Abs. 1 Nr. 5 Abgabenordnung – AO. Dabei handelt es sich im Prinzip um einen Zeitraum von maximal 24 Monaten, in denen eingehende Gelder wieder ausgegeben werden müssen. Und das Geld muss für den gemeinnützigen Zweck aufgewendet werden, für den der betreffende Verein seine Gemeinnützigkeit zuerkannt bekommen hat.
Allgemeine Rücklagen im Verein bilden
Die Bundesregierung, insbesondere das Finanzministerium und die Finanzämter haben aber erkannt, dass es auch für gemeinnützige Vereine durchaus sinnvoll ist, eine Rücklage zu bilden. Welche Bedingungen dazu vorliegen müssen, ist in § 58 AO definiert. Wichtig ist hier zu wissen, dass nach § 58 Nr. 7a 2 Alternative 2 AO; AEAO zu § 58 Nr. 7 Tz. 14 maximal 10 % der Gewinne aus den steuerpflichtigen Wirtschaftsbetrieben des Vereins und aus den Einnahmen, bestehend aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden, für allgemeine Rücklagen genutzt werden dürfen. Außerdem darf ein Verein Rücklagen gewinnen aus Vermietungen oder Verpachtungen, Zinserträgen und ähnlichen Einnahmen, die in der Vermögensverwaltung aufgeführt sein müssen, wobei maximal ein Drittel des hier erwirtschafteten Überschusses als allgemeine Rücklage abgeführt werden darf.
Allgemeine Rücklagen sind dazu da, unvermutete, plötzliche Kosten abdecken zu können. Ein Paradebeispiel dafür ist die Corona-Pandemie, die bei einigen Vereinen zu Massenaustritten geführt hat. Hat ein Verein plötzlich einen großen Mitgliederschwund und damit einen Verlust an Beiträgen zu verkraften, ändert dies selten etwas an der Kostenseite. Die Miete für Räumlichkeiten, Lehrpersonal, Leasinggebühren und andere Kosten für Fahrzeuge müssen weiterhin getragen werden, selbst wenn diese wegen des Mitgliederschwundes nicht mehr genutzt werden. Vereine überstehen derartige Situationen finanziell unbeschadet nur dann, wenn ausreichend allgemeine Rücklagen gebildet wurden.
Betriebsmittelrücklagen im Verein
In den AEAO zu § 58 Nr. 6 Tz. 10 S. 5 ist nachzulesen, was Finanzämter unter einer Betriebsmittelrücklage verstehen und wie hoch diese sein darf. Als Betriebsmittelrücklage gelten Löhne, Gehälter, Mieten oder Leasinggebühren, also Zahlungen, die in periodischen Abständen vom Verein verpflichtend zu leisten sind. Eine Betriebsmittelrücklage darf nur in bedarfsgerechter Höhe aufgebaut werden und ausschließlich für einen angemessenen Zeitraum. Hier ist davon auszugehen, dass nicht mehr Betriebsmittel zurückgelegt werden dürfen, als in drei Monaten verbraucht werden. Dies kann aber im Einzelfall abweichen, beispielsweise wenn saisonal bedingt ein Verein im Winterhalbjahr regelmäßig seinen Betrieb quasi einstellt, wie bei Rudervereinen oder Segelclubs üblich. Derartige Vereine verfügen fast immer über Gastliegeplätze, die gegen Gebühr im Sommer vermietet werden. Da das Gelände auch im Winter gepachtet ist, laufen die Kosten durchgängig, sodass für das Winterhalbjahr ausreichend Betriebsmittel für Pacht, Strom, Wasser und andere regelmäßige Ausgaben vorhanden sein müssen.
Die Wiederbeschaffungsrücklage im Verein
Auch für die Wiederbeschaffung bestimmter Wirtschaftsgüter kann ein Verein gezielt Rücklagen bilden. Damit dies rechtskonform geschieht, sollte die Vorgehensweise unbedingt direkt mit dem zuständigen Sachbearbeiter beim Finanzamt abgestimmt werden. Eine Wiederbeschaffungsrücklage ist dazu gedacht, Gebrauchsgegenstände gegen neue zu ersetzen, wenn die alten ausgedient haben, nicht mehr reparaturwürdig sind oder von ihrer Technik her überaltert sind. Gemeint sind damit Gegenstände wie beispielsweise der vereinseigene Kleinbus, die Computeranlage im Büro des Vereins oder bestimmte Geräte, die vom Verein zur Ausübung der gemeinnützigen Tätigkeit benötigt werden. Zu beachten ist hier, dass Wiederbeschaffungsrücklagen nur in der Höhe der Abschreibungssätze erlaubt sind. Es besteht darüber hinaus die Möglichkeit, für mehrere Wirtschaftsgüter parallel nebeneinander Wiederbeschaffungsrücklagen anzuhäufen. Wichtig ist, dass jeder einzelne Wiederbeschaffungsrücklage mit dem Finanzamt abgesprochen ist. So kann ein Verein zeitgleich auf einen neuen Van sparen, ein neues Computersystem einplanen und neue Sportgeräte für die Geräteturner in Auftrag geben.
Zweckgebundene Rücklagen für besondere Vereinsvorhaben
Die dritte Möglichkeit der Rücklagenbildung betrifft besondere Vorhaben, die nach § 58 Nr. 6 AO in der Regel unmittelbar mit dem gemeinnützigen Zweck des Vereines zu tun haben. Bei den zweckgebundenen Rücklagen sind zwei Grundvoraussetzungen zu erfüllen.
Die erste Voraussetzung ist, dass für ein steuerbegünstigtes Vorhaben bereits konkrete Pläne vorliegen müssen. Hier kann das Finanzamt beispielsweise verlangen, dass Pläne, Sitzungsprotokolle, Angebote, Kostenvoranschläge oder ähnliche Dokumente vorgelegt werden.
Zweitens ist es unerlässlich, dass das Vorhaben realistisch ist und in einem angemessenen Zeitrahmen erfüllt werden kann. Grund dafür ist, dass die Höhe der möglichen zweckgebundenen Rücklage aus dem Umfang der regelmäßigen Einnahmen des Vereins berechnet wird. Soll heißen, ein kleiner Verein mit vielleicht zehn Mitgliedern kann ein Projekt mit einem Kostenaufwand von 10 Millionen Euro kaum auf die Beine stellen und realisieren. Hier wird das Finanzamt einschreiten und eine zweckgebundene Rücklagenbildung nicht genehmigen. Hat genau dieser Verein allerdings 5000 Mitglieder und finanzstarke Sponsoren, sind die Chancen auf Realisation des Projektes unvergleichbar besser. In diesem Fall wird das Finanzamt mit großer Wahrscheinlichkeit der zweckgebundenen Rücklagenbildung seine Zustimmung erteilen.
Rücklagen und Vermögen in Vereinen
Bei der Definition von Rücklagen und Vereinsvermögen kommt es immer wieder zu Verwechslungen. Das Vermögen eines Vereins besteht aus allen Sachwerten, Immobilien und finanziellen Mitteln, die einem Verein gehören. Ein Teil des Vermögens sind die Rücklagen, welche in der Regel als Geld auf einem Konto deponiert werden.
Alle eingehenden Beträge werden dementsprechend dem Vereinsvermögen zugeschlagen. Die zum Vermögen gehörenden Gelder, also die steuerbegünstigten gemeinnützigen Einnahmen, müssen gemäß § 55 Abs. 5 der AO nach den Vorgaben der Satzung und zeitnah eingesetzt werden. Wird diesen gesetzlichen Vorgaben nicht entsprochen, besteht die Möglichkeit, dass der Verein seinen Status der Gemeinnützigkeit verliert. Entdeckt das Finanzamt, dass derartige Gelder nicht in ausreichender Menge für den gemeinnützigen Zweck eingesetzt werden, wird es dem Verein in der Regel eine Frist setzen, in welcher dieses nachzuholen ist. Folgt der Verein dieser Anweisung, bleibt der Status der Gemeinnützigkeit erhalten. Diesbezüglich ist es immer gut, mit dem Finanzamt Rücksprache zu halten. Den Beamten ist nämlich durchaus bewusst, dass die meisten Vereine ehrenamtlich tätig sind und Fehler bei den Ausgaben der Überschüsse fast immer unwissentlich gemacht werden.
Zeitnah zu verwenden sind insbesondere Einnahmen aus diesen Bereichen:
Sponsoring,
Spenden,
Erträge aus dem Vermögen,
Gewinne aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb,
Mitgliedsbeiträge,
Gewinne aus dem Zweckbetrieb.
Allerdings gibt es eine Ausnahme, nämlich die erlaubte Zuführung aus anderen Quellen zum Vereinsvermögen. Der § 58 Nr. 11 AO Weißt hier eine Reihe von Zuwendungen auf die nicht der zeitnahen Verwendung unterliegen. dies bedeutet, dass diese Mittel zeitlich quasi unbegrenzt vorgehalten werden dürfen. Werden diese Mittel eingesetzt, müssen sie allerdings satzungskonform für den gemeinnützigen Zweck Verwendung finden. Hierzu gehören insbesondere:
Alle Arten von Erbschaften, wenn der Erblasser für die Erbschaft keinen bestimmten Verwendungszweck festgelegt hat.
Spenden oder Hinterlassenschaften, die ausdrücklich dem Verein zur Verfügung gestellt werden, um das Vermögen aufzustocken.
Erhaltene Zuwendungen, die aus einem Spendenaufruf oder einer anderen Aktion stammen, wobei als Zweck immer die Vermögensbildung als Hauptgrund angegeben sein muss.
Alle Sachzuwendungen, die generell dem Vereinsvermögen zuzurechnen sind, wobei hierbei insbesondere Immobilien, Wertpapiere oder Beteiligungen zu nennen sind.
Genau diese vorgenannten Regelungen stellen die oft vertretene Auffassung ad absurdum, dass ein Verein jedes Geschäftsjahr ohne Gewinne und Verluste, also plus minus null abschließen muss. Wichtig ist, dass im Jahresabschluss alle Rücklagen getrennt voneinander einzeln aufgeführt werden, damit der zuständige Beamte beim Finanzamt einen einfachen Überblick über die tatsächlichen Vermögensverhältnisse des Vereins erhält. Es ist hierbei vorteilhaft, wenn jeder Rücklage entsprechende Vereinbarungen oder Gesprächsprotokolle mit dem Finanzamt beigelegt werden, denn dies erspart Nachfragen durch das Finanzamt während der Steuerprüfung. Bei besonders großen Projekten ist es zudem nützlich, wenn ein Zwischenstand formuliert wird, durch welchen der Finanzbeamte ablesen kann, wann die zweckgebundene Rücklage tatsächlich in Anspruch genommen wird.